Massiges hat hier keine Chance

Was ist „gutes Wohnen?“ So unterschiedlich die Vorstellungen unserer Mieter davon sind, so kreativ sind diese in der Umsetzung ihrer Ideen. In der Serie „Ortstermin“ nehmen wir Einblick, diesmal beim Ehepaar Maier aus der Parlerstraße 3.

Weil hier einfach alles passt

Ist die Wohnungsgröße überschaubar, sind große Möbelstücke mehr Ballast als Zierde – „das hätte gedrückt“, nennt Hildegard Maier den Grund, warum die Anbauwand und so manches weitere Stück den Umzug im Jahr 2000 in die kleinere Wohnung nicht mitmachten. Mit dem Wechsel hatte das Ehepaar gleich eine grundlegende Neuorientierung in der Einrichtung verbunden: Was zu massiv wirkte, wurde durch Neuanschaffungen ersetzt.
Das deutlich grazilere Mobiliar erfüllt die Bedürfnisse trotzdem und belässt der gerade mal 60 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung eine gewisse Leichtigkeit. Holz ist das bevorzugte Material. Der Wäscheschrank im Schlafzimmer steht exemplarisch für die Wohnphilosophie: „Nimmt auf, was benötigt wird. Alles andere wird ausgemustert.“
Streng funktional ist die Küche. Schiebetüre zu, und Hildegard Maier kann sich den Blicken etwaiger Gäste entziehen. Vorhang zu, und die Einblicke sind nun auch vom Laubengang aus in ihren Arbeitsbereich vereitelt. Heute allerdings ist ein Durchblickstag.
Mitunter nehmen die Maiers auch draußen Platz auf dem breiten Gang vor der Eingangstür, der ebenso wie die Dachterrasse auf der gegenüberliegenden Wohnungsseite als Freisitz genutzt wird.

Auf dem Wohnzimmertisch steht ein Blumenstrauß, das Präsent für Wolfgang Maier (Jg. 1942) für 50 Jahre Mitgliedschaft in der ulmer heimstätte. Seine Frau (Jg. 1939) ist immerhin auch schon 49 Jahre mit dabei. Mit der Heirat zogen sie in die Parlerstraße 9. „Paare ohne Trauschein hatten früher keine Chance, eine Wohnung zu kriegen,“ erinnert sich die Mieterin. Als sich der Abbruch des Hausabschnitts abzeichnete, ergriffen die Maiers die Gelegenheit eines Umzugs innerhalb derselben Straße. „Weil hier einfach alles passt."

Unvermittelt heischt das Schlagwerk der Pendeluhr um Aufmerksamkeit. Ebenfalls der Abteilung „dekorierende Erinnerung“ zugehörig sind im Wohnzimmer die textile Handarbeit der Mutter hinter Glas, die auf dem Heizkörper thronende Puppe aus Kindheitstagen, das Mosaik aus Familienbildern. Im Flur sticht das antike „Schlüsselkäschtle“ hervor. Ihr persönliches „Glanzstück“ aber ist die Uhr – „106 Jahre alt, geerbt vom Großvater“. Von ihr gehe eine besondere Ausstrahlung aus. So besonders, dass es Wolfgang Maier niemals wagte, anstelle seiner Frau das Uhrwerk aufzuziehen.

vorheriger Beitragnächster Beitrag