Eingerichtet mit langer Familiengeschichte

Die ererbten Familien-Stücke haben längst ihre Plätze gefunden, das geschnitzte Manschgerl hält wie eh und je die Lokalzeitung bereit. Alles Indizien, dass das Ehepaar Eva-Marie und Engelbert Bauer in Ulm bereits neue Wurzeln schlägt.

Ein paar besondere Möbel und Accessoires haben die Bauers aus ihrem früheren Leben in Rottenburg am Neckar in den neuen Abschnitt mitgebracht, der für sie vor gut einem Jahr in der Warndtstraße mit Bezug einer Heimstätten-Wohnung begonnen hat. Der hölzerne „Zeitungsklemmer“ gehörte natürlich dazu. Nicht nur, weil das morgendliche „Reinholen“ der Zeitung zu den festen Ritualen des Sonderschulrektors i.R. gehört. So wie auch das Aufziehen einer kleinen barocken Standuhr, die ein Tübinger Uhrmachermeister wieder zum Leben erweckt hatte. Sondern weil sich mit ihm viel Familiengeschichte verbindet.

Ganz so alt wie der unvergängliche Zeitmesser ist der geschnitzte Helfer zwar nicht, aber 100 Jahre hat auch er schon auf dem Buckel. Zuletzt tat er bei einer Tante von Eva-Marie Bauer seine Dienste, gehörte somit schon lange zur erweiterten Familie, vermutlich schon immer. So wie das Biedermeier-Buffet und das Genrebild „Die Versuchung“ französischer Herkunft, das die Betrachter im Sinne der Moral vor Übergrifflichkeiten warnt.
Corona-bedingt findet der Wohnungsrundgang bei diesem „Ortstermin“ virtuell statt. Doch auch so sind die Geschichten zu erfahren, die hinter den hervorstechenden kleinen Kostbarkeiten in dieser gemütlich eingerichteten Wohnung stecken.

Die Spur führt nach Oberdischingen

Im Falle des „Klemmers“ schließt sich ein Kreis, führt doch seine älteste Spur wiederum nach Ulm. Doch welcher der damals in der Münsterstadt aktiven Künstler sein Autor ist, hat das Lehrer-Ehepaar i.R. noch nicht herausbekommen. In den allermeisten Fällen aber führen die Spuren der Erinnerungsstücke nach Oberdischingen, ins einstige Residenzdorf des Franz Ludwig Schenk von Castell, des berühmten „Malefizschenken“. Unter den Handwerkern, die dieser im späten 18. Jahrhundert in der eigens dafür angelegten Herrengasse ansiedelte, war auch ein gewisser Baptist Schmid, Wagner und Schreiner und Urahne von Eva-Marie Bauer, eine geborene Schmid. Von da an und über 250 Jahre hinweg lasse sich die Geschichte ihrer Familie in Oberdischingen lückenlos nachverfolgen. Sie sei selbst in einem der markanten Gebäude der Herrengasse aufgewachsen, erzählt die Pädagogin.
Jetzt halten die antiken Stücke in der neuen Wohnung diese lange Spanne wach – die früheren Episoden und auch die, die später folgten. Zu erschauen ebenfalls in der kleinen Ahnengalerie, die mit zu diesem privaten Fundus an Erinnerungsstücken gehört.
Die Tante übrigens, erzählt Eva-Marie Bauer, habe den Luftangriff des 17. Dezember 1944 im Ulmer Münster er- und überlebt. Sie selbst kenne Ulm seit Kindestagen, von den Einkaufstouren und den Münsterbesuchen gleichermaßen. Die beiden Söhne des Ehepaars  leben hier mit ihren Familien, was den Ausschlag gab für den Umzug vom Neckar an die Donau.

Der Enkel wegen war dem Paar ein viertes Zimmer sehr wichtig. Das Gäste- heißt bei ihnen „Enkelzimmer“. Ja, überhaupt diese Wohnung. Gefunden über eine Annonce. Als „einen Glücksfall“ betrachten sie beide. Innenstadtnah gelegen, könnten sie bereits heute aufs Auto so gut wie verzichten. „Nette Hausgemeinschaft. Aufzug. Barrierefrei“, führen sie weitere Pluspunkte an. Angekommen in Ulm. Diese Wohnung habe es ihnen sehr viel leichter gemacht.

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