Böblinger Straße 28/2 bis 28/5

Die Böblinger Straße 28 ist das älteste Gebäude, das sich noch im Eigentum der ulmer heimstätte befindet. Es ist ein wichtiges Beispiel für die Entwicklung des Dichterviertels. Die Häuserzeile wurde im Jahre 1901 erbaut und mehrfach modernisiert. Im Gebäudeteil 28/2 lebte in den 1920er Jahren Katharina Hägele. Sie wurde im Rahmen der nationalsozialistischen „T4-Aktion“ in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet.

Nachdem der Spar- und Bauverein in der Arsenalstraße in den Jahren 1897 und 98 ein erstes Bauprojekt abgeschlossen hatte, beschloss der Vorstand mit der Stadt Ulm um weitere Bauplätze in Verhandlung zu treten. Dies traf auf offene Ohren, denn der damalige Oberbürgermeister, Heinrich von Wagner, war ein vehementer Verfechter des sozialen Wohnungsbaues. Unter seiner Federführung wurden die Arbeitersiedlungen „Untere Bleiche" „Beim Kessel" und „Unterer Kuhberg" durch die Stadtverwaltung umgesetzt. Ein Engagement, dass viel Aufmerksamkeit erfuhr. U.a. lobte Albert Einstein im Jahre 1920 die „erfolgreiche und wohltätige Bodenpolitik" seiner Geburtsstadt.

Die Böblinger Straße 28 war das erste Bauprojekt des Spar- und Bauvereins im Dichterviertel und konnte im Jahre 1900 nach nur kurzer Bauzeit bereits bezogen werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus bei vier Angriffen nur leicht beschädigt.

Ab den 1920er Jahren lebte Katharina Hägele geb. Arnold mit ihrem Mann Johann Georg Hägele und den beiden Kindern im Hausteil 28/2. Seit 1925 musste sich Katharina Hägele mehrfach aufgrund einer psychischen Erkrankung in Behandlung begeben. Ihr Zustand verschlimmerte sich dennoch zusehends. Das Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Euthanasie zitiert sie: „... aber ich hoffe, dass ich nicht verloren bin". Im Jahre 1937 schied sich ihr Ehemann aufgrund ihrer Erkrankung von ihr. Auf sich allein gestellt, wurde Katharina Hägele wieder in die Heilanstalt Bad Schussenried eingewiesen. Von dort wurde sie am 7. Juni 1940 in die Tötungsanstalt Grafeneck bei Münsingen deportiert und nach ihrer Ankunft durch Kohlenmonoxid ermordet. Am 6. März 2020 wurde vor dem Haus in der Böblinger Straße 28 im Gedenken an Katharina Hägele ein Stolperstein verlegt.

vorheriger Beitragnächster Beitrag